fux eG
Lux-Transpi vor Abriss Frappant

fux früher – Die Geschichte der fux eG

Dass wir heute in der ehemaligen Viktoria-Kaserne Ecke Zeiseweg / Bodenstedtstraße sitzen, ist kein Zufall, sondern Ergebnis stadtpolitischer Auseinandersetzungen. Im Frühjahr des Jahres 2009 verkündete der Bezirk Altona, auf dem Gelände des ehemaligen (und inzwischen abgerissenen) Frappant-Komplexes an der Großen Bergstraße in Altona-Altstadt die deutschlandweit erste innerstädtische Ikea-Filiale ansiedeln zu wollen.

Das Frappant war ein typisches Produkt der Stadterneuerungspolitik der Sechziger Jahren. Einkaufen, essen gehen, eine Sauna, eine Diskothek, ein Friseursalon – und das alles mit Parkhaus und unter dem Dach eines modernen Betonkomplexes: Zur Eröffnung 1973 galt das Frappant noch als schick, ein paar Jahre lang kam man sogar aus Othmarschen und den Elbvororten in die Große Bergstraße. Im Verlauf der 80er und 90er verlor das Frappant seine Bedeutung. Das Mercado in Ottensen, der Toom-Markt an der Max-Brauer-Allee und die Tendenz zum Einkaufszentrum auf der grünen Wiese machten ihm zu schaffen. Anfang der Nuller Jahre zog sich Karstadt aus dem Gebäude zurück. Der Gebäudeeigentümer, eine bayrische Bank, ließ den Komplex verwahrlosen. Um dem als „Schandfleck“ gebrandmarkten Einkaufskomplex ein besseres Image zu geben, überließ das von umliegenden Gewerbetreibenden betriebene Quartiersmanagement die leerstehenden Flächen temporären kulturellen Zwischennutzungen.

 

Forum Altona, SKAM und die Frappant e.V.-Gründung

2006 fand in der leer stehenden Einkaufspassage Forum Altona das Video-Festival „Stile der Stadt – Kunst und Konsumarchitektur“ statt, ein Jahr später das Symposion „Wir sind woanders“ der Hamburger Off-Kunstszene. Nebenan bespielte der globale Elektronik-Konzern Philips in Ko-Operation mit dem holländischen Kaffeekonzern Douwe Egberts zur Markteinführung des Kaffeepad-Systems senseo das ehem. Karstadt-Kaufhausgebäude mit dem “Ding Dong Kunstfestival” und das „Hafenklang“ ging hier 2 Jahre lang sanierungsbedingt ins Exil.
In diesem Zusammenhang gelang es der Ateliergemeinschaft Forum Altona in der leer stehenden Einkaufspassage Räume anzumieten. Als Anfang 2009 das Forum Altona saniert und umgebaut werden sollte, schlossen sich die Forum-Künstler*innen mit der Künstlergruppe SKAM (Schöne Kunst allen Menschen) zusammen, die seit 1993 im Obergeschoss der leerstehenden Bowlinghalle an der Reeperbahn 1 auf St. Pauli ihre Ateliers hatte – über dem weltberühmten Mojo-Club – und mit dem Abriss des Komplexes ihre Räume verlor.

Initiiert von Nutzer*innen der Forum-Ateliers, zogen beide Gruppen mit jeweils 25-35 Mitgliedern quasi zeitgleich in die oberen Stockwerke des Frappant-Gebäudes und kurze Zeit später gründete sich aus dieser neuen Gruppe der Frappant e.V. Die Infrastruktur des Gebäudes war nach jahrelangem Leerstand heruntergekommen – nur einige wenige Toiletten funktionierten, die Heizung nicht, Schimmel und Nässe machten weite Teile des Gebäudes unbenutzbar – aber es war günstig. Die neue Gemeinschaft entwickelte Gemeinschaftsflächen, machte Ausstellungen und ein dynamisches Kulturprogramm. Der Frappant e.V. wuchs in kurzer Zeit auf über 130 Leute an.

 

Recht auf Stadt und Ikea

Kurz darauf stellte Ikea einer Nachbarschaft die Pläne zum Abriss und Neubau ihres Möbelhauses vor. Die geplante Ikea-Ansiedlung zog nicht nur Proteste nach sich, sie bedeutete auch: Auszug für die rund 130 Zwischenmieter*innen, die sich im Frappant e.V. organisiert hatten. Sie bekamen die Kündigung zum 30. November 2009. Zwar lag der Beginn der Abrissarbeiten noch in weiter Ferne, dennoch sollten die Frappant e.V.-Mitglieder das Gebäude umgehend räumen, neue Räumlichkeiten waren nicht in Aussicht gestellt. Zwei nachbarschaftliche Initiativen – die Bürgerini „Kein Ikea in Altona“ und der Zusammenschluss „Einen Gang Zulegen“ (aus dem später Lux & Konsorten wurde) besetzten die weitgehend leerstehende Eingangshalle, und das bereits gekündigte Hafenklang-Exil und feierten am 29. November 2011 gemeinsam mit den Frappant e.V.-Mitgliedern ein rauschendes Fest mit über 4000 Gästen. Das Fest und die in den Wochen danach folgenden Diskussionsveranstaltungen und Vorträge taten ihre Wirkung, zumal sie im Kontext der erstarkenden Hamburger „Recht auf Stadt“-Bewegung stattfanden: Im August 2009 hatten zweihundert Künstler- und Aktivist*innen das abrissbedrohte Gängeviertel besetzt, an der Bernhard-Nocht-Straße kämpfte die Initiative „No BNQ“ gegen einen Eigentumswohnungskomplex auf St. Pauli – an alle Ecken der Stadt war der damals schwarzgrüne Senat mit Protesten gegen Gentrifizierung und investorenfreundliche Abrisspolitik beschäftigt. Höhepunkt war die „Recht auf Stadt“-Parade im Dezember 2009, bei der rund 100 Initiativen und über 3000 Menschen bei Kälte und Schnee in einer bunten und friedlichen Parade durch die Innenstadt bis vor das Frappant-Gebäude zogen, wo die Abschlusskundgebung stattfand.

Gleichzeitig stellten sich alle in Altonas Bezirksparlament vertretenen Parteien – bis auf die Linke – hinter den von einer Lobbygruppe von Gewerbetreibenden und Grundstückunternehmern initiierten Bürgerentscheid, der die Ansiedlung von Ikea befürwortete. Bei der Abstimmung Ende Januar – die nicht nur in der Nachbarschaft, sondern im gesamten Bezirk Altona durchgeführt wurde, sprachen sich nur 23 Prozent gegen Ikea aus, 77 Prozent stimmten der Ansiedlung zu. Ein zweiter, von „Kein Ikea in Altona“ initiierter Bürgerentscheid wurde vom Bezirksparlament durch eine Scheinübernahme verhindert, zuvor hatte der Senat die Planungen für das Areal bereits evoziert, d.h. an sich gerissen, womit ein solcher Bürgerentscheid auf bezirklicher Ebene wirkungslos geblieben wäre.

In diesem Spannungsfeld verhandelte der Frappant-Verein immer wieder mit Vertretern der Stadt um neue Räumlichkeiten. Aus Sorge um einen weiteren Brennpunkt bot die Stadt auf Initiative der Kulturbehörden dem Frappant e.V. die ehemalige Viktoria-Kaserne als Alternative zum Frappant-Gebäude in der Großen Bergstraße an. Im März 2010 erfolgte der Umzug – nach einem bitterkalten Winter im alten Komplex inklusive geborstener Wasserleitungen und Überflutung des Parkdecks, was zur Bildung einer riesigen Eisfläche führte. Zwar waren nicht alle Mitglieder gewillt das Gebäude zu verlassen – manche hielten an dem Konzept einer Sanierung des Frappant fest und an der Forderung, den Siebziger-Jahre-Komplex zu erhalten. Letztlich konnten aber fast alle überzeugt werden. Zunächst als Zwischennutzung gedacht haben die knapp 150 Mitglieder des Frappant e.V. die ehemalige Viktoriakaserne – bis zur Gründung der fux-Genossenschaft 2014 – selbst verwaltet genutzt und fortlaufend ein vielfältiges Ausstellungs- und Kulturprogramm organisiert.

Die Initiative Lux & Konsorten

Im Zuge der Proteste gegen Ikea-Ansiedlung war auch die Idee entstanden, den heruntergekommenen Frappant-Kaufhauskomplex zu einem Stadtteilzentrum umzubauen, in dem Ateliers und Ausstellungsräume, aber auch Kleingewerbe, Bildungseinrichtungen, Werkstätten und öffentliche Räume zur Stadtteilnutzung unterkommen. „Wo die städtische Ökonomie immer mehr von Big Boxes, großen Ketten und Büronutzungen geprägt ist, müssen wir zum Ausgleich auch für eine lokale und kleinteilige Ökonomie kämpfen.“ Mit dieser Idee entstand die Initiative Lux & Konsorten.

Namenspate war das ehemalige Electrolux-Gebäude an der Max-Brauer-Allee Ecke Holstenstraße. Im Dezember 2010 verhüllten Lux & Konsorten das seit Jahren leerstehende Gewerbehaus und stellten einen Planungscontainer auf, um die Forderung nach einem kollektiv verwalteten Gewerbehof an diesem Ort zu unterstreichen. Ähnliche Aktionen machten Lux & Co. in den folgenden zweieinhalb Jahren an mehreren Leerstandsorten in Altona: An der ehemaligen Gewürzmühle in der Gaußstraße, aber auch vor den Güterexpress-Hallen an der Harkortstraße auf dem Gelände der sogenannten Mitte Altona. Mit diversen Interventionen und Vorschlägen mischten sich Lux & Co auch in die sogenannte Bürgerbeteiligung bei der Planung der Mitte Altona ein – Hamburgs größtes Stadtentwicklungsprojekt nach der HafenCity – nicht zuletzt, weil ein Teil der Lux-Aktivist*innen auf dem Gelände der Harkortstraße arbeiteten und von der Entwicklung betroffen waren. Gemeinsam mit anderen Initiativen plädierten Lux & Co. im Februar 2012 für ein Planungs-Moratorium, um die Planung auf eine sozialere Grundlage zu stellen (Link: http://agenturfuerausgleich.org/). Auf dem zentralen Bürgerforum zur Mitte Altona wurde das Moratoriumspapier mit überwältigender Mehrheit befürwortet – von der Behörde für Stadtentwicklung und den Grundeigentümern gab es jedoch keinerlei Reaktion.

Die fux eG

Als die Finanzbehörde Ende 2011 zum ersten Mal die Möglichkeit in Aussicht stellte, die ehemalige Viktoria-Kaserne zu veräußern, begannen Lux & Konsorten und Frappant e.V. in gemeinsamen Workshops Pläne für ein gemeinsames Übernahmekonzept zu entwickeln. Im Oktober 2013 gründete sich die Genossenschaft fux, im Februar 2015 schließlich unterzeichneten wir den Kaufvertrag mit der Stadt.